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Zyklische Re-Immersion durch Reframing

Die Verschiebung emotionaler Investitionen zur Schaffung von Bewusstsein bei der Konstruktion immersiver Kontexte

Einleitung

Zyklische Re-Immersion durch Reframing bezeichnet den bewussten Prozess der Verlagerung und Ersetzung früherer emotionaler Investitionen innerhalb eines immersiven Kontexts. Dabei wird der Teilnehmende gezwungen, veraltete affektive Anker aufzugeben und sich stattdessen auf neue Rahmenbedingungen einzulassen. Dieser Reframing-Prozess fügt nicht nur eine neue Erzählungsebene hinzu – er macht vorherige emotionale Bindungen obsolet oder irrelevant. So entsteht ein Bruch in der narrativen Kontinuität, ein erzwungener psychologischer Sprung, bei dem nur zwei Optionen bleiben: Anpassung durch neue Investitionen oder Austritt durch kognitive Dissonanz. Das Reframing wird damit zu einem Instrument narrativer und erfahrungsbezogener Entwicklung und führt die Nutzenden durch rekursive Zyklen von Immersion, Wandel und Auflösung.

Voraussetzungen für wirksames Reframing

Damit dieser Effekt eintritt, muss das Reframing bestimmte Bedingungen erfüllen:

  1. Narrative Diskontinuität: Der neue Rahmen muss vorherige emotionale Investitionen neu kontextualisieren, sodass sie irrelevant oder widersprüchlich erscheinen.

  2. Affektive Inkompatibilität: Emotionale Bindungen an den alten Rahmen müssen sich im neuen Kontext unangemessen oder widersprüchlich anfühlen, wodurch die Nutzenden diese freiwillig aufgeben.

  3. Kognitiver Abschluss mit emotionalem Verzicht: Der neue Rahmen sollte eine Art Abschluss oder Auflösung bieten, die den Verzicht auf das Alte erleichtert, ohne kognitive Dissonanzen zu hinterlassen.

  4. Symbolische Umkehrung oder Neuvergabe: Symbole, Figuren oder Themen aus dem ursprünglichen Kontext sollten umgedeutet oder in ihrer Funktion verändert werden, um ihre Transformation zu betonen und ihre alte Relevanz aufzuheben.

  5. Einladung zur Neuinvestition: Der neue Rahmen muss emotional attraktive Möglichkeiten zur frischen Bindung bieten und zur Re-Immersion einladen.

  6. Temporale Neuverortung: Der Reframing-Prozess sollte die zeitliche Verankerung verschieben – was einst Vergangenheit oder Zukunft war, wird nicht-linear, surreal oder zyklisch, wodurch der neue Rahmen an Bedeutung gewinnt.

Reframing und die Fragilität von Immersion

Immersion und virtuelle Präsenz sind fragile Zustände, die auf Konsistenz und affektiver Kohärenz basieren. Reframing kann, wenn es ungeschickt eingesetzt wird, diese Zustände zerstören. Wird es jedoch mit narrativer Absicht gestaltet, kann es Immersion vertiefen. Es fordert den Teilnehmenden nicht nur heraus, in der Erfahrung zu bleiben, sondern aktiv sein inneres narratives Rahmenwerk zu rekonstruieren. Die Gefahr des Immersionsbruchs wird dabei zum Prüfstein, aus dem tiefere Immersion hervorgeht – nicht durch Kontinuität, sondern durch Bruch und Wiedergeburt.

Dieser Prozess enthüllt die Performativität der Immersion. Die sogenannte Suspension of Disbelief – das Aussetzen des Unglaubens – wird nicht länger als passiver Zustand verstanden, sondern als aktiver, performativer Akt. Der Teilnehmende „glaubt“ nicht einfach an die Erzählung – er führt den Glauben auf. Jedes Reframing wird zur Bühne der Selbstinvestition, auf der der Nutzer eine neue emotionale Rolle einnimmt.

Selbst-Visualisierung und performative Suspension

Reframing ermöglicht es den Nutzenden, ihre eigene Beteiligung zu visualisieren, indem es den Prozess der emotionalen Investition explizit macht. Während der alte Kontext kollabiert, wird der Raum zwischen narrativem Glauben und emotionaler Bindung sichtbar – ein Raum, in dem das Bewusstsein über die eigene Teilhabe entsteht. Diese Lücke ist ein fruchtbarer Boden für performative Auseinandersetzung. Der Nutzer beginnt zu begreifen, dass Unglauben nicht ausgesetzt, sondern gelenkt wird.

Mit anderen Worten: Der Teilnehmende „geht nicht einfach mit“ – er beginnt, die Handlung des Mitgehens zu bewohnen. Diese Reflexivität macht aus Immersion einen geschichteten Zustand des Selbstbewusstseins, in dem Glaube zu einem bewussten Akt wird. Der Nutzer oszilliert zwischen Immersion und Autorschaft und wird sowohl Akteur als auch Zeuge seiner eigenen narrativen Transformation.

Erfahrung als Medium und Botschaft

Im Rahmen zyklischer Re-Immersion wird Erfahrung nicht länger nur als Inhalt verstanden, sondern als Form – als Medium, durch das die Botschaft transportiert wird. Jedes Reframing ist nicht einfach ein dramaturgisches Mittel, sondern ein struktureller Spiegel der Selbstkonstruktion, die im Teilnehmenden stattfindet. Erfahrung wird sowohl zur Botschaft (was gesagt wird) als auch zum Medium (wie es gesagt wird).

Dies erinnert an McLuhans berühmten Satz „Das Medium ist die Botschaft“, geht aber darüber hinaus: Hier wird der Wandel der Erfahrung selbst zum Medium, und das bewusste Re-Investieren zur Botschaft. Die Teilnehmenden lernen, narrative Übergänge nicht als Störung, sondern als Einladung zur Selbsterneuerung zu begreifen. Der immersive Zyklus wird zu einem Prozess iterativer Selbstkonstruktion – durch symbolischen Tod und Wiedergeburt.

Fazit: Auf dem Weg zu einer Poetik des reframten Eintauchens

Zyklische Re-Immersion, bewusst gestaltet durch Reframing, wird zu einem poetischen Motor für Selbstwahrnehmung und partizipative Immersion. Sie nutzt die Instabilität emotionaler Bindung, um die Nutzenden zu tieferem, bewussterem Engagement zu führen. In diesem Zustand wird der Unglaube nicht passiv ausgesetzt, sondern aktiv inszeniert, ritualisiert und gestaltet. Erzählung ist nicht mehr nur Geschichte, die erzählt wird – sondern ein Prozess, den sich der Teilnehmende selbst erzählt, durch rekursiven Glauben und dessen Auflösung.

Die Erfahrung wird somit nicht nur zum Medium des Erzählens, sondern zum Spiegel des Selbst – gebrochen, neu geformt und ständig umgeschrieben. Sie ist ein Fluss, ein Zustand des Werdens, in dem sich narrative Struktur und Selbstwahrnehmung wechselseitig formen.